Bei einem Kraftfahrer zeigen sich die Grenzen einer allumfassenden Gefährdungsbeurteilung sehr deutlich. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, alle Gefahrensituationen, die ihm im Straßenverkehr erwarten können, in der Gefährdungsbeurteilung zu erfassen und vor allem daraus Handlungsanleitungen abzuleiten. Am Ende wird der Kraftfahre (mitunter sehr schnell) entscheiden müssen, was und wie er handeln muss.
Deshalb werden hier einige wichtige Handlungshinweise gegeben, die leider in der Praxis zu wenig berücksichtigt werden:
a. Bei einer Gefährdungsbeurteilung ist immer auch der Mitarbeiter als Person zu betrachten (Ausbildung, Erfahrungen, physische und psychische Voraussetzungen).
b. In die Gefährdungsbeurteilung immer die betroffenen Mitarbeiter einbeziehen. Die §§15-18 der DGUV A1 bilden hierfür die Rechtsgrundlage.
c. Immer so viele wie möglich Mitarbeiter einbeziehen. Vier Augen sehen immer mehr als zwei Augen.
d. Je mehr die Mitarbeiter selbst einbezogen werden, je höher ist die Identifikation mit den Maßnahmen.
e. Die Gefährdungsbeurteilung ist ein permanenter Prozess, der kein Anfang- und Ende kennt. Die höchste und wirkungsvollste Gefährdungsbeurteilung ist dann erreicht, wenn jeder Mitarbeiter bei all seinen Handlungen und Tätigkeiten sich vorher die Frage stellt: „was passiert, wenn“. Das hat etwas mit der Einstellung zur Arbeitssicherheit zu tun. Hier hat auch die Unterweisung einen besonderen Stellenwert.
f. Häufig ist die falsche Auffassung vertreten, dass die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung in einem „Werk“ und in gleicher Form zu erfolgen hat. Das kann, muss aber nicht so sein.
Beispiel für eine praktikable Lösung:
In der Unterweisung erarbeiten die Mitarbeiter die speziell auf ihre Tätigkeiten notwendigen sicheren Verhaltensweisen im Umgang mit Leitern. Diese Verhaltensregeln werden auf einer Pinnwand veranschaulicht. Dann wird in einer folgenden Diskussion ergänzt und verändert. Danach werden diese Verhaltensregeln fotografiert (also dokumentiert) und jeden Mitarbeiter ausgehändigt. Damit erfolgte in einer Veranstaltung die Unterweisung und gleichzeitig die Gefährdungsbeurteilung. Das ist eine effektive und wirkungsvolle Vorgehensweise, aber auch nicht für alle Tätigkeitsbereiche so anwendbar.
g. Eine Betriebsanweisung für den Umgang mit einem Gefahrstoff, eine Betriebsanweisung für den sicheren Umgang mit einer Maschine und eine Arbeitsanweisung für das Verfahren
„Arbeiten unter Spannung“ ist jeweils auch dokumentierte Gefährdungsbeurteilung.
Es macht immer Sinn, bei der Gefährdungsbeurteilung sich daran zu erinnern, was mit der gesetzlich verankerten Pflicht (Arbeitsschutzgesetz §§5,6) beabsichtigt war.
- Mehr Eigenverantwortung der Unternehmen
- Weniger Bürokratie
Leider kann man manchmal den Eindruck haben, dass diese sehr sinnvolle Strategie falsch verstanden wird.